Unterschiede im Sozialverhalten
Vieles von unserem sozialen Verhalten wird von unserem antrainierten "Autopiloten" automatisch geregelt. Auch hier gibt es einige interessante Unterschiede in der Programmierung des deutschen und französischen "Autopiloten" bzgl. des Sozialverhaltens. Das alles hat erhebliche Bedeutung in der Art und Weise, wie wir uns z.B. im Straßenverkehr verhalten, Konflikte angehen, mit anderen zusammenarbeiten, was wir von einer Führung erwarten und wie ganz generell daraus resultierend auch unsere politischen und sozialen Systeme in unseren Ländern funktionieren. Das Hochinteressante daran ist, dass das alles keine Effekte der Neuzeit sind, sondern sich schon vor Jahrhunderten entwickelt haben.
Wie geht der individualistische Egoist mit Konflikten um?
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Während der gemeinschaftliche Egoist immer erst versucht Konflikte sachlich anzugehen, handelt ein individualistischer Egoist genau umgekehrt. Er wird versuchen erst seine Macht zu demonstrieren, um die Gegenseite an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Kompromissbereitschaft und Gemeinschaftssinn gelten in Frankreich immer als etwas naiv.
Insbesondere bei geschäftlichen Verhandlungen geht ein individualistischer Egoist grundsätzlich am Anfang nie von einer Kompromissbereitschaft und Gemeinschaftsinn der Gegenseite aus. Er würde von der Gegenseite sofort als naiv belächelt. Oft fällt aus französischem Mund der Begriff der naivité, wenn von deutschen Verhandlungspartnern die Rede ist. Das ändert sich dann aber oft schlagartig, wenn ein enttäuschter gemeinschaftlicher Egoist dann wiederum äußerst brutal darauf reagiert. Dann fällt in Frankreich der oft gebrauchte Begriff der deutschen Dampfwalze, die alles platt machen will.
Ein individualistischer Egoist geht dabei Kraft seiner Gewohnheit und Erziehung völlig ohne Gewissensbisse in eine solche Auseinandersetzung. Es ist je ein "bonne guerre", jeder hat je die selben Chancen..
Ein bekanntes Zitat von Aristide Briand - einem berühmten Politiker der dritten Republik, der zusammen mit Gustav Stresemann 1926 den Friedens-Nobelpreis erhielt - fasst den generellen französischen Unmut gegenüber Kompromissen gut zusammen:
Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind!